Propaganda in "Atze"
Die auf Bildung und Erziehung der Kinder und Jugendlichen in der DDR Einfluss nehmenden politischen Organe hatten es stets schwer mit den Comics. Einerseits handelte es sich eindeutig um ein Medium, das von den Kids trotz sozialistischer Weltanschauung mit Begeisterung gelesen wurde, andererseits scheiterten immer wieder Versuche, politische Inhalte zu transportieren. So hätte Hannes Hegen das
Mosaik eher eingestellt als zu stark politisiert, und die propagandistische Heftreihe
Neues Bilderheft scheiterte mit Pauken und Trompeten am Desinteresse der angepeilten Zielgruppe. Also gingen die verlagsinternen Funktionäre etwas subtiler vor: Das Mosaik erhielt eine Beilage mit entsprechenden Themen, die Polit-Comics wurde im Atze integriert, nach dem Motto "Wer Fix & Fax will, muss ein halbes Heft Propaganda in Kauf nehmen". Der Erfolg von Atze zeigt, dass das lesende Publikum diesen Kompromiss (wohl oder übel) in Kauf nahm, und mit Beginn der 80er nahm die Themen- und Zeichnervielfalt der Titelgeschichten glücklicherweise wieder zu.
Wer sich einen kleinen Eindruck über den Charakter dieser Geschichten verschaffen will, der kann die vollständige achtseitige Online-Version der Geschichte Die Glocken von Nowgorod (Atze 5/1982) lesen. Zeichner ist Günter Hain, der im Laufe der Jahrzehnte hunderte Seiten mit seinem charakteristischen realistischen Strich zeichnete. Ein Meister seines Faches, wie einige stilistisch völlig andere Comics in der Frösi zeigten, fielen leider all seine Produkte nach seinem Tod 1997 dem Reißwolf zum Opfer; möglicherweise wollte sich die Familie von einem Erbe trennen, das einen deutlichen systemnahen Hauch verbreitete. Schade um die Bilder.