Comic-Importe in die DDR

Herluf Bidstrups Einseiter

Herluf Bidstrup Herluf Bidstrup wurde 1912 in Berlin als Sohn eines Dänen und einer Deutschen geboren und lebte seit 1917 in Dänemark. Nach einem Kunststudium arbeitete er 1936 bis 1945 hoch bezahlt für die Regierungszeitung Social-Demokraten, ab 1945 folgte er schlechter bezahlt, aber seiner Gesinnung treu zu Land og Folk, der Zeitung der Dänischen Kommunistischen Partei, wo er über viele Jahrzehnte mit scharfer satirischer Feder die tägliche politische Karikatur zeichnete. Seine eindeutig kommunistische Haltung verpackte er meist in subtile, aber gleichzeitig unmissverständliche Darstellungen. Für die Wochenendausgaben beider Blätter gestaltete er hunderte einseitige textfreie Comic Strips, in denen die kleinen Unannehmlichkeiten des alltäglichen Miteinanders sein Lieblingsthema waren und er respektvoll Kleinbürger und ihre Schwächen aufs Korn nahm. In seiner dänischen Heimat machte ihn seine mehrfach ausgezeichnete Arbeit sehr populär und bei seinen politischen Gegnern verhasst.

Die Figuren des studierten Malers bestechen durch einen einzigartigen Mix aus Realitätsnähe und cartoonesken Zügen. Mit wenigen dynamischen Strichen und unter Verzicht auf alles Verzichtbare wie Schattierungen oder Hintergründe kann der Zeichner eine breite Palette von Emotionen in Gesichtsausdruck und Körperhaltung vermitteln. Vielleicht widmen sich die Kunsthistoriker bei der Aufarbeitung der Comicgeschichte eines Tages auch diesem vergessenen Talent, wobei sie vermutlich feststellen werden, dass ihm zeichnerisch kaum jemand das Wasser reichen kann. Die folgenden Online-Beispiele können nur ein kleiner Vorgeschmack sein:

Bild von Bidstrup

  • Mußestündchen
  • Der Humorist
  • Die vier Temperamente

    Die politische Affinität einerseits und die fehlende Sprachbarriere der Pantomime-Strips andererseits machten ihn interessant für osteuropäische Kulturredakteure, und das dänische KP-Blatt freute sich über existentiell notwendige finazielle Schützenhilfe ihrer sozialistischen Bruderparteien in Form von Lizenzgebühren. So kam es, dass Bidstrup auf vielen Cartoonseiten von DDR-Zeitungen wie der NBI oder der Wochenpost erschien und die jährlichen Sammelbände seiner Einseiter auch hier verlegt wurden. Dies gipfelte schließlich 1974 im 500seitigen Dicken Bidstrup-Buch des Eulenspiegel-Verlages, das weitere Seiten des Künstlers zeigte, der in seinem Hausblatt auch Reiseberichte und Sekundäraufsätze über Comics schrieb.


    Herluf Bidstrup starb 1988 und ist heute außerhalb Dänemarks leider nahezu vergessen. Um so besser, dass einige Fans sein Erbe im Netz aufrecht erhalten, wie zum Beispiel:

    Auf Anfrage verleiht die Königliche Dänische Botschaft in Berlin ein 25minütiges Video aus dem Jahre 1983 über Dänische Cartoons und Cartoonisten, in dem unter anderem Bidstrup und Ove "Egon Olsen" Sprogøe zu Wort kommen.


    <-- Comics aus der Sowjetunion -------------------- Zbigniew Lengren -->