Comic-Importe in die DDR
Herluf Bidstrups Einseiter
Die Figuren des studierten Malers bestechen durch einen einzigartigen Mix aus Realitätsnähe und cartoonesken Zügen. Mit wenigen dynamischen Strichen und unter Verzicht auf alles Verzichtbare wie Schattierungen oder Hintergründe kann der Zeichner eine breite Palette von Emotionen in Gesichtsausdruck und Körperhaltung vermitteln. Vielleicht widmen sich die Kunsthistoriker bei der Aufarbeitung der Comicgeschichte eines Tages auch diesem vergessenen Talent, wobei sie vermutlich feststellen werden, dass ihm zeichnerisch kaum jemand das Wasser reichen kann. Die folgenden Online-Beispiele können nur ein kleiner Vorgeschmack sein:
Die politische Affinität einerseits und die fehlende Sprachbarriere der Pantomime-Strips andererseits machten ihn interessant für osteuropäische Kulturredakteure, und das dänische KP-Blatt freute sich über existentiell notwendige finazielle Schützenhilfe ihrer sozialistischen Bruderparteien in Form von Lizenzgebühren. So kam es, dass Bidstrup auf vielen Cartoonseiten von DDR-Zeitungen wie der NBI oder der Wochenpost erschien und die jährlichen Sammelbände seiner Einseiter auch hier verlegt wurden. Dies gipfelte schließlich 1974 im 500seitigen Dicken Bidstrup-Buch des Eulenspiegel-Verlages, das weitere Seiten des Künstlers zeigte, der in seinem Hausblatt auch Reiseberichte und Sekundäraufsätze über Comics schrieb.
Herluf Bidstrup starb 1988 und ist heute außerhalb Dänemarks leider nahezu vergessen. Um so besser, dass einige Fans sein Erbe im Netz aufrecht erhalten, wie zum Beispiel:
- 365 einseitige Comics auf einer russischen Fanseite,
- Vadim "Valja" Khomakha hat eine Galerie mit über 400 Einseitern, die es auch auf russisch und mit ein paar Flash-Animationen gibt, und die hier noch einmal gespiegelt wurde,
- typisch politische Geschichten gibt es hier und hier,
- unveröffentlichte Skizzen aus einem privaten Archiv,
- Russland scheint das Netz-Mekka der Bidstrup-Fans zu sein, denn dort hat er sogar eine eigene Domain,
- und 17 Einseiter bei Cartoon Therapy und Break The Stress, ebenfalls in Russland.